Kommunikationserlebnisse

Kommunikationserlebnisse

von Jonas Korn -
Anzahl Antworten: 3
Nutzerbild von Gruppenchat ACM Start: 28.01.25

Gutes Erlebnis:

Bei einem Brunch war ich Zeuge eines kurzen Gesprächs von zwei überzeugten Fans der gewaltfreien Kommunikation. Der Gastgeber hat eine Platte mit frischen geschnittenen Gemüse vorbereitet und sehr schön hergerichtet. Der Gast hat bei Anblick der Platte gesagt: "Diese Gemüseplatte erfüllt mein Bedürfnis nach Ordnung und Ästhetik. Die macht mich richtig glücklich!". Der Gastgeber hat das Muster und die Anerkennung für die eigene Mühe erkannt und war auch ganz glücklich.

Weiteres gutes Erlebnis:

In meinem letzten Projekt waren wir 4 Kolleg:innen auf Augenhöhe. Bevor wir inhaltlich in Meetings gegangen sind, haben wir immer vorab das Befinden aller Beteiligten in einem Check-In abgefragt. So hatten alle die Möglichkeit, sich mitzuteilen und für die anderen wurde es deutlich einfacher, die Energie und die Beiträge der Person einzuschätzen.

Schlechtes Erlebnis:

Ich habe einen Kollegen, bei dem drängt sich mir der Eindruck auf, das einzige Ziel seiner Kommunikation sei einzig und allein, seine Interessen durchzusetzen. Dafür sind ihm viele Mittel recht. So werden einem die Worte im Mund rumgedreht, es werden Zusammenhänge hergestellt, wo keine sind, Leistungen anderer werden kleingeredet, Anforderungen werden aufgebauscht. In Gesprächen werden kleine Maßnahmen werden zu sehr großen Überforderungen überzeichnet und daraufhin geschlossen: "Der Urheber leidet an Realitätsverlust". Das ist ein hartes Urteil mit sehr fragwürdiger Herleitung. Auf zwischenmenschliche Gespräche lässt sich die Person schwer bis gar nicht ein. Das einzige, was zu zählen scheint, sind Zahlen. Der Person fällt es sehr schwer, sich auf Neues oder Anderes einzulassen. Dabei beruft sie sich auf jahrelange Erfahrung und damit auf die eigene Autorität, statt die eigene Position zu erläutern und zu erklären.

Weiteres schlechtes Erlebnis:

In meiner ersten Woche bei der Diakonie wurde die FORUM-Studie veröffentlicht, welche sich mit sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie auseinandersetzt. Ich habe mir in der Kantine essen geholt und wollte die Pressekonferenz dazu live schauen. Das erzählte ich einer in mein Projekt involvierten Führungskraft, die darauf erwiderte: "Das hat doch mit Ihrem Projekt gar nichts zu tun! Außerdem betrifft uns das gar nicht so sehr in der Diakonie. Da wäre nur ein ganz kleiner Teil der Fälle passiert". Die neue Kollegin hat also erst über mich hinweg entschieden, was mich zu interessieren hat und was nicht, und dann hat sie mir ungefragt aufgedrückt, wie der Sachverhalt einzuordnen sei. Beides ist sehr schlecht bei mir angekommen. Ich hatte das Bedürfnis, meinen Arbeitgeber und dessen aktuelle Situation besser zu verstehen. Außerdem wollte ich ankommen und in meinem selbstbestimmten Wesen angenommen werden. Das wurde nicht erfüllt und hat mich geärgert.

Als Antwort auf Jonas Korn

Re: Kommunikationserlebnisse

von Cornelia Scholz -
Nutzerbild von Gruppenchat ACM Start: 28.01.25
Lieber Jonas,
es freut mich sehr, dass Du mit Deinem früheren Team eine Ebene gefunden hast, in der das persönliche Befinden den Einstieg Eurer Teamsitzungen bildete. Wann war das? Während der Corona-Pandemie habe ich das mit meinem damaligen Team auch gemacht. Die isolierte Situation hat hat vielleicht für eine höhere Akzeptanz für diese Aspekte gesorgt. Von meinem Team heute würde ich belächelt werden für einen solchen Vorschlag. Wäre interessant zu wissen, wie sie es während der Pandemie aufgenommen hätte. Was hält Dich davon ab, das in Deinem Teamsitzungen wieder einzuführen?
Zu Deinem negativen Erlebnis: Der Umgang mit Menschen, deren Wertesystem anders gepolt ist als das eigene, empfinde ich als herausfordernd, vor allem wenn Austausch und damit Annäherung nicht möglich ist oder nicht gewollt wird. Vor allem stolpere ich dabei über einerseits den Wunsch, als Person mit meinen Werten akzeptiert zu werden und ertappe mich andererseits dabei , dass ich der anderen Person gegenüber auch nicht unvoreingenommen und offen bin, sprich: ich erhoffe mir etwas, das ich selber nicht leiste. Ergeht es Dir ähnlich?
Liebe Grüße!
Als Antwort auf Cornelia Scholz

Re: Kommunikationserlebnisse

von Jonas Korn -
Nutzerbild von Gruppenchat ACM Start: 28.01.25
Liebe Cornelia,
vielen Dank für Deinen Beitrag! Tatsächlich hatte ich die schöne Erfahrung mit dem Team in der Corona-Zeit. Aber ich würde meinen, dass wir das auch ohne Corona gemacht hätten. Die Projektleitung hatte richtig starke emotionale Skills und hat dem immer Raum gegeben.
Zum negativen: Alles, was Du sagst, unterschreibe ich sofort! lächelnd
LG!
Als Antwort auf Jonas Korn

Re: Kommunikationserlebnisse

von Uwe Poltoranin -
Nutzerbild von Gruppenchat ACM Start: 28.01.25
Deine Beispiele sind echt interessant und zeigen super, wie unterschiedlich Kommunikation laufen kann. Besonders gut finde ich das Beispiel mit der Gemüseplatte - da sieht man, wie einfach es sein kann, jemandem ehrliche Wertschätzung zu zeigen. Statt einem einfachen "Danke" oder "Sieht gut aus" wurde konkret benannt, was daran Freude macht. Das ist ein richtig gutes Beispiel für gelungene Kommunikation.
Auch das Beispiel mit dem Check-In im Projekt finde ich gut. Dabei ist es so wichtig zu wissen, wo der andere gerade steht. Manchmal hat man einen schlechten Tag oder private Sorgen - wenn das die anderen wissen, gibt's auch weniger Missverständnisse.
Nun zu den negativen Beispielen. Diese Mischung aus Besserwisserei und dem Kleinmachen anderer ist echt Gift fürs Arbeitsklima. Besonders nervig finde ich dieses "Ich mach das schon seit 20 Jahren so"-Argument. Als ob man dadurch automatisch Recht hätte.
Dir als Neuem direkt so einzugrätschen und vorzuschreiben, was dich zu interessieren hat... Das zeugt von null Fingerspitzengefühl. Gerade bei so einem sensiblen Thema wie der FORUM-Studie wäre es doch wichtig gewesen, dein Interesse wertzuschätzen und einen offenen Dialog anzubieten.
Echtes Zuhören, Wertschätzung und die Bereitschaft, sich auf Augenhöhe zu begegnen, machen den Unterschied zwischen guter und schlechter Kommunikation aus. Leider gibt's immer noch zu viele, die das nicht kapiert haben.