Situation 1:
Meine Mitarbeitenden im pädagogischen Team bekommen von mir als Einrichtungsleitung einmal im Jahr formalisiert Feedback im Mitarbeiterjahresgespräch. So auch ein Mitarbeitender, dessen Arbeitshaltung mir bereits von meinem Vorgänger in der Einarbeitung als nicht hinnehmbar, das Arbeitsverhältnis jedoch als nahezu unkündbar, übergeben wurde. In den ersten Monaten habe ich auch selbst beobachtet, dass sowohl seine Arbeitshaltung als auch seine Arbeitsergebnisse stark zu wünschen übrig ließen und dass er sich bei anstehenden Veränderungen im Team versuchte zu entziehen. Im Kontakt mit mir war er sehr wortkarg und wirkte zudem stark verunsichert. Meine damalige Vorgesetzte empfahl mir, mich auf die Mitarbeitenden zu konzentrieren, die besser handhabbar waren. Man könne eh nur unter unverhältnismäßig hoher Anstrengung wenig Veränderung bei der Person erreichen. Vor dem Feedback-Gespräch habe ich mir dann viel Zeit genommen und mit meiner Stellvertretung positive Merkmale der Person gesammelt und diese in Zusammenhang mit positiven Facetten seiner Arbeit gebracht. Diese habe ich ihm dann im Rahmen des Feedbacks mitgeteilt. Auf Kritik habe ich verzichtet und versucht ihm einen Weg ins Team aufzuzeigen, wodurch er sich und seine Stärken besser einbringen könnte. Dadurch sind wir erstmals in Kontakt guten gekommen und im Verlauf habe ich festgestellt, dass er sich weniger entzog und mit mir deutlich offener und zugewandter kommunizierte.
Situation 2:
Während meiner Coaching-Ausbildung habe ich mich als Falleinbringer für ein Übungs-Coaching zur Verfügung gestellt. Das Thema war für mich bereits weitgehend abschließend bearbeitet und nicht mehr stark emotional aufgeladen. Nach der Übung fand ein Feedback durch die Ausbildungsgruppe statt. Dabei habe ich beobachtet, dass eine Teilnehmerin weniger die Coach bzgl. ihrer Methodik adressierte, sondern ihr eigenes emotionales Erleben auf mich projiziert. In einem längeren Monolog stellte sie fest, wie mein inneres Erleben war und an welchen Stellen im Gespräch ich auf welche weise besonders stark berührt wurde. Damit lag sie komplett daneben. Ich konnte für mich feststellen, dass diese Zuschreibungen auf mich sehr befremdlich und grenzüberschreitend wirkten. Wäre ich noch stärker emotional beteiligt gewesen, hätte ich mir sicher die eine oder andere Spitze nicht verkneifen wollen.